Mangelnde Transparenz

Spätestens seit Corona haben die Bundes- und Landespolitiker bemerkt, dass Entscheidungen nur Sinn machen, wenn sie von der Breite der Bevölkerung verstanden und akzeptiert werden. Dieses Verständnis kann man wiederum nur durch Transparenz erwirken. Auf kommunalerEbene scheint sich diese Einsicht noch nicht überall durchgesetzt zu haben. Der Bürger soll nicht mitentscheiden, sondern darauf hoffen, dass die entsprechenden Amtsträger schon das Richtige veranlassen werden.

Diese Art Politik ist nicht mehr zeitgemäß. Daher fordern wir mehr Transparenz auch auf kommunaler Ebene!

Bislang wurden Informationen immer nur scheibchenweise herausgegeben und dann auch nur solche, die für eine gewünschte Reaktivierung sprechen. Bei der Frage nach den Kosten wird in den Medien mit einer Förderung der Baukosten von bis zu 96% geworben, obwohl bekannt ist, dass es diesen Prozentsatz nur im Zusammenhang mit einer Elektrifizierung gibt, welche die Befürworter für sehr unwirtschaftlich und unwahrscheinlich halten. Von den Betriebskosten will man lieber erst gar nicht reden und erwähnt diese mit keinem Wort.

Apropos Fördergelder: Auch der Ausbau von Radwegen wird zurzeit stark gefördert. Wieso gibt es keine Bemühungen in diese Richtung? Eine Radunterführung an der Hauptstrasse auf Höhe der Aachinsel würde den Fahrradweg deutlich sicherer und attraktiver machen und umweltfreundliches Pendeln mit dem Rad erleichtern.

Als die Analyse zum Fahrgastpotenzial veröffentlicht wurde, schien diese die Reaktivierung erst mal zu stützen. Schließlich befindet sich die Strecke in Kategorie B, hat also ein hohes Nachfragepotenzial. Dass die Teilstrecke Rielasingen – Etzwilen nur in die letzte, nicht förderungswürdige Kategorie D fällt, wird nicht erwähnt. Ca. 130 Fahrgäste am Tag klingen nicht gut, dann lieber mit 2670 Zustiegen argumentieren. Bei der Berechnung dieser Zahl wird davon ausgegangen, dass Personen aus bis zu 3 km Entfernung die Bahn nutzen. Sollte die Busverbindung bestehen bleiben, ist dies stark zu bezweifeln. Warum sollte jemand, der beispielsweise beim Worblinger Naturbad wohnt, die Bahn nutzen, anstatt 150 Meter zum Bus zu laufen? Die Zahl von 2670 Zustiegen, also rund 1400 Pendlern und Schülern, kann nur erreicht werden, wenn der Bus abgeschafft wird und die Bahn preislich sehr attraktiv ist.

Auch den Lärmschutz will man aus Kosten- und Zeitgründen möglichst umgehen und lässt prüfen, ob dieser überhaupt erforderlich ist. Dabei ist der Lärmschutz nicht umsonst eines der Hauptziele der Landesregierung. Aber mit 4 Meter hohen Lärmschutzwänden in den Ortschaften wirkt die Bahn nicht mehr so schön und die Aussicht ist für die Museumsbahnfahrgäste auch nicht mehr so malerisch.

Das Hauptargument der Befürworter ist oft die Umweltfreundlichkeit. Verständlich, hört sich eine Bahn ja auch erst einmal umweltfreundlich an. Wenn aber eine Elektrifizierung aus Kostengründen für unwahrscheinlich gehalten wird, sieht das gleich ganz anders aus. Da Dieseltriebwagen kein gutes Image haben, werden lieber Akkuloks oder gar Wasserstoffzüge samt Tankstelle in Aussicht gestellt. Wenn die Kosten für eine Elektrifizierung zu hoch sind, woher kommt dann das Geld für diese umweltfreundlicheren, aber wesentlich teureren Alternativen zum Diesel?

Apropos Elektrifizierung: Allein aus Gründen der Authentizität dürften die Museumsbahnfreunde kein Interesse an einer Oberleitung über ihrer Dampflok haben. Der Nostalgieeffekt auf den Fotos und Videos wäre dann nämlich dahin.

Zu guter Letzt noch ein Hauptkritikpunkt zum Thema Transparenz:

Es wird immer wieder gerne betont, die Kommune habe keinerlei Einfluss auf die Reaktivierung. Das stimmt natürlich nicht, das Land BW veranstaltete im 4. Quartal 2018 ein Beteiligungsverfahren, in dessen Rahmen seitens der kommunalen Gebietskörperschaften und Verkehrsbände Vorschläge für die Reaktivierung stillgelegter Bahnstrecken gemacht werden konnten. Hier wurde auch die Strecke Singen – Etzwilen vorgeschlagen. Weiterhin betont das Land, dass es ein ernsthaftes Interesse auf kommunaler Ebene braucht verbunden mit der Bereitschaft, die anfallenden Betriebskosten zu zahlen. Dieses starke Interesse wird vor allem von unserem Bürgermeister Herr Baumert immer wieder betont, ohne dass der Gemeinderat oder die Gemeinde hierzu Stellung nehmen konnten. Gleichzeitig teilte die Gemeinde noch im Frühjahr 2020 Kaufinteressenten für die an der Bahn liegenden Grundstücke mit, dass derzeit keinerlei Anzeichen für eine Reaktivierung bekannt seien und lediglich 4 x im Jahr die Museumsbahn die Strecke befährt. Wenn die Bahn so viele Vorteile für die BürgerInnen bringt, hätte man doch von Anfang an mit offenen Karten spielen können!