Aktuelles
Information für alle Gemeinderäte Rielasingen-Worblingen vom 07.06.2021
Sehr geehrte Mitglieder des Gemeinderats,
am Mittwoch entscheiden Sie, ob und zu welchen Bedingungen Angebote für eine Machbarkeitsstudie zur Reaktivierung der Bahn eingeholt werden. Dieser scheinbar unspektakuläre Schritt ist absolut entscheidend für die Zukunft des ÖPNV in unserer Gemeinde!
Bei der Auftragsvergabe für eine Machbarkeitsstudie drängt es sich auf, sämtliche Alternativen einer Verbesserung der ÖPNV-Versorgung in der Region miteinander mit validierten Zahlen gegenüber zu stellen und danach konsequent vorzugehen.
Prüft man stattdessen wie im vorliegenden Fall nur drei unterschiedliche Bahnvarianten, gibt es am Ende kein aussagekräftiges Ergebnis darüber, welche Alternative das grösste Potenzial hat. Genau diese Frage gilt es jedoch zu klären, wenn man eine Verbesserung des ÖPNV-Angebots erreichen will.
Die Stadt Stockach hat der finanziellen Beteiligung in Höhe von 5000 Euro an einer Machbarkeitsstudie übrigens erst nach Aufnahme dieser Erweiterung zugestimmt.
Zu den Streckenvarianten A und B:
Angesichts der Tatsache, dass die Gemeinde Wagenhausen-Etzwilen die Reaktivierung der Bahnstrecke strikt ablehnt und alles dafür tun wird, um dies zu verhindern, sind die beiden Planfälle A (Singen-Winterthur) und B (Singen – Etzwilen) hinfällig. Die Gründe der Gemeinde Wagenhausen sind vielfältig und einleuchtend, eine Aufzählung würde an dieser Stelle allerdings den Rahmen sprengen. Bei Interesse können diese jedoch gerne alle genannt werden.
Zur Streckenvariante C:
Auch der Kanton Schaffhausen lehnt eine Reaktivierung ab und wird sich nicht daran beteiligen. Die Streckenvariante C (Schaffhausen – Singen – Ramsen) ist somit ebenfalls hinfällig. Bei dieser Variante ist zudem nicht mal mehr das ursprüngliche Argument der überregionalen Verbindungsstrecke vorhanden. Stattdessen drängt sich der Eindruck auf, dass hier bewusst eine bereits bestehende Strecke integriert werden soll, um die Kosten für die Reaktivierung pro Bahnkilometer zu senken. Da die bestehende Strecke ca. 3x so lang ist wie der Abschnitt Singen – Ramsen, könnten die Kosten pro Kilometer geviertelt werden, was sich natürlich bei Wirtschaftlichkeitsprüfung niederschlägt, jedoch nichts daran ändert, dass die Kosten vollumfänglich von den beiden Gemeinden Singen und Rielasingen-Worblingen sowie dem Land BW gezahlt werden müssten.
Einzig mögliche Streckenvariante Rielasingen – Singen:
Da es keine Verbindungsstrecke mit überregionaler Komponente geben wird, sondern höchstens eine Stichstrecke Rielasingen – Singen, dreht sich folglich alles um die Frage, wie regional die beste ÖPNV-Versorgung erreicht werden kann. Zur Klärung dieser Frage wird derzeit ein Nahverkehrsplan für den Landkreis Konstanz erstellt, bei dem auch Zukunftsvorstellungen im Bereich des Schienenverkehrs berücksichtigt werden. Sobald der Nahverkehrsplan vorliegt, kann zielgerichtet Geld für weitere Studien ausgegeben werden. Durch die Auftragsvergabe für eine einseitige Machbarkeitsstudie würde stattdessen viel Geld dafür ausgegeben, drei Bahnvarianten zu prüfen, ohne zu wissen, ob die Bahn überhaupt das größere Potenzial hat.
Sicher haben Sie sich auch schon Gedanken zum Thema Nahverkehrsplan gemacht und evtl. wollen Sie diesen nicht abwarten, um die Fördergelder für die Machbarkeitsstudie nicht zu gefährden. Dieses Prozedere ist üblich und die Deadline hat neben finanzplanerischen Aspekten sicher auch die Funktion, einen gewissen Handlungsdruck bei den Kommunen zu erzeugen. Wir gehen aber davon aus, dass Sie sich nicht unter Druck setzen lassen, sondern auf Grundlage der örtlichen Gegebenheiten entscheiden, ob und wofür unsere Steuergelder ausgegeben werden.
Sollte die Bahn Rielasingen – Singen reaktiviert werden, ist folgendes vorgesehen: «Das ergänzende ÖPNV-Angebot der lokalen und regionalen Buslinien ist dabei nach Möglichkeit so anzupassen, dass Busse Zubringerfunktionen zum Schienenangebot an Schienenhaltestellen erfüllen und schienenparallele Buslinien möglichst vermieden werden.»
Eine Reaktivierung hätte damit zur Konsequenz, dass Arlen und Worblingen nicht mehr mit dem Bus direkt an Singen angebunden sind, sondern am Bahnhof Rielasingen ein-/umsteigen müssen. Der CO2-Ausstoss wird dadurch nicht verringert, allerdings wird dieser gebrochene Verkehr in der Bevölkerung auf wenig Akzeptanz stoßen. Genau diese Akzeptanz ist jedoch notwendig, um die Mobilitätswende zu schaffen.
Erfolgsversprechender Weg zu einer attraktiven ÖPNV-Versorgung:
Wenn Geld für eine Machbarkeitsstudie ausgegeben wird, dann sollte diese sich aufbauend auf dem Nahverkehrsplan mit dem besten ÖPNV-Konzept für unsere Gemeinde und die Region beschäftigen. Die Frage muss sein, wie bestehende Verkehre optimiert und vernetzt werden können, damit eine Vielzahl an Bürgerinnen und Bürger auch abseits der Bahnhöfe profitieren. Außerdem sollten die Themen Umweltschutz, Sicherheit und Anwohnerschutz berücksichtigt werden. Schließlich haben wir die besondere Situation, dass die Bahnlinie unmittelbar durch familiäres Wohngebiet führt. Sollte dies nicht planerisch bedacht werden? Sparen kann man sich stattdessen Streckenvarianten, die von unseren Schweizer Partnern abgelehnt werden und die Prüfung der Antriebsvariante EMU (Elektrischer Betrieb mit Oberleitung), da diese bereits mehrfach von unterschiedlicher Seite ausgeschlossen wurde.
- Die Auftragsvergabe mit unverändertem Inhalt, bei der eindimensional nur drei Bahnvarianten geprüft werden, die zudem ohne Zustimmung der Schweizer Partner geplant sind, ist nicht haltbar!
- Wir appellieren daher an Sie, zunächst den Nahverkehrsplan abzuwarten.
Sollte Ihnen dies nicht möglich sein, schlagen wir vor, die Beschlussfassung zu vertagen, um den Inhalt des Auftrags für eine Machbarkeitsstudie anzupassen und in einer erweiterten Studie sämtliche Alternativen ergebnisoffen zu prüfen, um das Angebot für den Nutzer zu verbessern. Insbesondere soll u.a. das Verbesserungspotenzial für die bislang bestehenden Busverbindungen geprüft werden, auch mit Blick in Richtung Elektrobusse.
Mit freundlichem Gruß
Yvonne & Ingo Brunnenkant
Diana Simmen
Klaus Siebler
Mario Steigerwald
Stellvertretend für die zahlreichen Mitglieder der Bürgerinitiative RiWo-Bahn
E-Mail : info@riwo-bahn.de
www.riwo-bahn.de
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Offener Brief adressiert an die Gemeinden Rielasingen-Worblingen und die Stadt Singen vom 21.02.2021
Sehr geehrte Damen und Herren,
mit diesem offenen Brief möchten wir uns mit dem Thema Reaktivierung der Bahnstrecke Etzwilen-Singen an die breite Öffentlichkeit wenden.
Wir sind ein Bündnis von Bürgerinnen und Bürgern aus Rielasingen-Worblingen und Singen, welche sich seit über einem halben Jahr sehr intensiv mit der Thematik «Reaktivierung der Etzwilerbahn» auseinandersetzen, recherchieren und an den Infoveranstaltungen teilnehmen. Viele von uns sind Anwohner der Bahnlinie bzw. der vielbefahrenen Rielasinger Ortsdurchfahrt und als solche auf das Thema aufmerksam geworden. Uns hat interessiert, welche Auswirkungen die Reaktivierung hat und wie es zu dieser Idee kam. Dabei war es uns von Anfang an wichtig, kritisch, aber sachlich und ergebnisoffen zu sein. Schließlich geht es um unseren örtlichen ÖPNV, die Ortsumfahrung hier in Rielasingen und nicht zuletzt auch um sehr viel Geld. Nach monatelangen Recherchen hat sich für uns gezeigt: je länger man sich mit dieser Thematik befasst, umso mehr manifestieren sich die Fakten. Wer behauptet, es gehe hier um den Klimaschutz, die Verkehrswende oder gar darum, mehr Menschen zum Umstieg auf den ÖPNV zu bewegen, der hat sich entweder nur oberflächlich mit dieser Bahnstrecke befasst oder verfolgt schlichtweg andere Ziele.
So überrascht es auch nicht, dass die einzigen Befürworter entweder Bahnidealisten, Eigentümer mit finanziellen Interessen oder PolitikerInnen im Wahlkampf sind. Immerhin steht eine Bahn in den Köpfen der Menschen für Klimaschutz – ein trendiges Thema, mit welchem schon bei schlichter Erwähnung von BürgerInnen und Medien uneingeschränkter Zuspruch geerntet werden kann.
Da stellt sich uns die Frage, wenn die Fakten scheinbar so klar und eindeutig für die Bahn sprechen, weshalb wird nicht mit offenen Karten gespielt, also dem Mehrwert für BürgerInnen geworben? Da wirbt man stattdessen ganz allgemein pro Bahn, u.a mit dem Vorzeigeprojekt «Seehäsle», welches inzwischen die doppelten Fahrgastzahlen als ursprünglich prognostiziert erreicht hat. Dies ist unserer Meinung nach sehr positiv zu bewerten, allerdings nicht beliebig auf jede Strecke übertragbar. Außerdem sollte man der Vollständigkeit halber dann auch erwähnen, dass trotz dieser Fahrgastzahlen noch immer jährlich ca. 3 Millionen Euro Zuschuss für den Betrieb des «Seehäsle» benötigt werden und der Kreis Konstanz diese geldvernichtende Aufgabe als Betreiber gerne dem Land BW übertragen möchte. Da stellt sich uns die Frage: Welche Qualität hatte die damalige Machbarkeitsstudie und vor allem die Kosten-Nutzen-Analyse? Ist das vielleicht der Grund dafür, dass andere Kommunen wie etwa Stockach bei der Ablachtalbahn trotz Beteiligung an der 6. Machbarkeitsstudie erheblich kritischer vorgehen als die hiesigen Kommunen?
Stattdessen liest man über die Bahnstrecke Etzwilen-Singen in den örtlichen Medien nur ungeprüfte Halbwahrheiten und allgemeinen Idealismus kombiniert mit einer einzigen Zahl (2670 Einstiege pro Tag) aus der Potenzialanalyse. Schwammige Aussagen, man hätte zu wenig Informationen, weshalb es eine Machbarkeitsstudie bedarf, kommen immer öfter hinzu. Ist das nicht einfach ein diplomatischer Schritt nach vorne, um schnellstmöglich ohne Diskussion den nächsten Meilenstein auf Kosten der Steuerzahler zu erreichen? BürgerInnen, welche sich mit der Thematik befassen und belegbare Fakten vorlegen, werden nicht wirklich beachtet und lieber mit dem Klischee des kleinbürgerlichen Anwohners in Verbindung gebracht, welche «nit wolle, dass ein Bähnle durch ihr Gärtle fährt» und angeblich nur aus Eigennutz gegen eine Reaktivierung sind.
Dabei gibt es noch eine Vielzahl an ungeklärten Fragen, welche bereits vor einer Machbarkeitsstudie angeschaut werden müssen, da die Studie diese nicht oder nur sehr bedingt beantworten kann:
- Ist eine Bahn tatsächlich der richtige Weg, um den ÖPNV in der Region attraktiver und umweltfreundlicher zu machen?
- Wer soll der Betreiber der Bahnstrecke sein?
- Dürfen unsere Steuergelder in Millionenhöhe ohne Absicherung in das Eigentum einer ausländischen Musemsbahnstiftung fließen? Eine Stiftung, welche als Haupteigentümer und Museumsbahnbetreiber der Bahnstrecke dann dem Betreiber wiederum ihre Bedingungen vorgeben kann? Da wären als Beispiel: keine Elektrifizierung, kein Lärmschutz und keine behindertengerechten Bahnsteige, um den Museumsbahncharakter nicht zu gefährden.
- Sollten vor einer teuren Machbarkeitsstudie nicht zunächst die Rahmenbedingungen dafür abgeklärt werden und klar sein, ob sich die Schweiz an einer Reaktivierung / Machbarkeitsstudie ebenfalls beteiligt?
Jeder hat das Recht auf eine eigene Meinung, aber nicht das Recht auf eigene Fakten. Daher haben wir die wichtigsten belegbaren Fakten zusammengetragen, um unseren derzeitigen Kenntnisstand zu veröffentlichen.
Fakten zur Potenzialanalyse
- ca. 2300 Einstiege an Schultagen zwischen Rielasingen und Singen (berechnet bei einem Einzugsgebiet in einem Umkreis von 3 km zur gesamten Bahnlinie)
- ca. 300 Einstiege an Schultagen auf der gesamten Strecke zwischen Etzwilen und Rielasingen
- Berechnet wurde ein Stundentakt zwischen 05:00 und 24:00 Uhr
- Genügend Haltestellen auf der Strecke sind bei dieser Einsteigerzahl eingeplant, Bahnhöfe müssten neu gebaut werden.
- Es darf keinen parallelen Busverkehr zur Bahnstrecke geben. Dies betrifft nicht nur die Busverbindung von Singen nach Stein am Rhein, sondern generell den Busverkehr zwischen Singen und Rielasingen bzw. zwischen den einzelnen Bahnhöfen in Singen. Bus und Bahn dürfen sich im Umkreis von 3 km nicht konkurrieren, um die prognostizierten Einstiegszahlen zu erreichen.
Fakten zur regionalen Auswirkung der Bahn auf den Busbetrieb
- Eine Buszubringerlinie in der Gemeinde Rielasingen-Worblingen-Arlen zum Bahnhof Rielasingen wäre denkbar. Wer der Bus-Betreiber sein soll und bei wem diese Kosten anfallen, darüber wurde noch nicht nachgedacht.
- Die Stadt Singen wird vermutlich entgegen der Annahme der Potenzialanalyse weiterhin Buslinien in der Südstadt in der Rielasinger Straße und zum Berliner Platz betreiben.
Somit würde im Falle einer Reaktivierung nur das kurze Busverbindungstück vom Bahnhof Rielasingen bis in die Rielasinger Straße in Singen auf einer Länge von 1,1 km wegfallen. Die CO2-Ersparnis wäre folglich sehr gering. - Die derzeitige Fahrzeit von der Bushaltestelle Rielasingen Kirche (Zentrum) zum ZOB Singen beträgt je nach Verkehrsaufkommen 11 – 15 Minuten. Die Bahn würde je nach Anzahl der zusätzlich errichteten Bahnhöfe in der Singener Südstadt ca. 8 – 10 Minuten benötigen. Die Zeitersparnis wäre somit minimal und würde durch den vielfach längeren Weg zum Bahnhof und den Umstieg von den Zubringerbussen in den meisten Fällen ganz verschwinden.
Fakten zu Überregional, Lückenschluss, Fahrzeiten
- Ein alleiniger Betrieb zwischen Etzwilen und Rielasingen ist aufgrund der Einsteigerzahlen nicht rentabel.
- Etzwilen selbst hat keine 300 Einwohner. Diese sind über Schaffhausen an Singen angebunden.
- Ein Lückenschluss zwischen dem bestehenden Bahnnetz oder eine Verbindungs- und Erweiterungsfunktion, wie von einigen erwähnt, ist nicht erforderlich, da die bestehenden Verbindungen von Singen über Schaffhausen nach Winterthur bzw. Zürich schneller und besser ausgebaut sind. Eine neue Verbindung über Etzwilen würde daher keinen bedeutsamen Lückenschluss darstellen.
- Wenn man trotzdem mit dem Lückenschluss argumentiert, dann muss folgerichtig auch eine Elektrifizierung angestrebt werden. Nur so können die meisten überregionalen Züge auf der Strecke verkehren. Den Bodenseegürtel möchte man ja bekanntlich schon lange elektrifizieren. Diese Strecke würde dann gemäß den Befürwortern auch dazu gehören und müsste folglich elektrifiziert werden.
Fakten zu den Bedingungen des Streckeninhabers Museumsbahnstiftung
- In verschiedenen Medienberichten vom Museumsbahnbetreiber konnte man lesen, dass Anpassungen entlang der Strecke und an den Bahnhöfen den Museumsbahncharakter nicht beeinträchtigen dürfen. Daher wurde von der Stiftung ein Brennstoffzellenzug statt einer Elektrifizierung vorgeschlagen. Lärmschutzmaßnahmen sind nicht angedacht.
- Bei einer Reaktivierung müssten sich die Museumsbahn als Streckeninhaber und die Politik als Geldgeber auf gemeinsame Bedingungen einigen. Die Interessen und Ziele sind allerdings sehr unterschiedlich. Das Land BW setzt sich für zeitgemäßen Umweltschutz, Elektrifizierung und Lärmschutz im öffentlichen Interesse ein. Die Musemsbahn möchte indes ihren historischen Charakter nicht verlieren und hat diese Themen nicht auf ihrer Agenda.
Fakten zu Umweltschutz & Klimaschutz
- Zum Klimaschutz kann eine Bahnstrecke nur bei einer Elektrifizierung oder einer emissionsfreien Antriebstechnik beitragen. Allerdings auch nur dann, wenn sich der Straßenverkehr auf die Schiene verlagert.
Durch die Verschlechterung des ÖPNV-Angebots hinsichtlich Taktung, nahegelegenen Zustiegsmöglichkeiten und notwendige Umstiege vom Zubringerbus auf die Bahn wird diese Verlagerung nicht stattfinden. - Wenn zweimal stündlich an den Bahnübergängen die Schranken geschlossen werden und sich hierdurch Rückstaus bilden, ist dies nicht gut für unsere Umwelt.
Insbesondere muss hier die Westtangente in Singen gesehen werden, welche ja mal zur Verbindung der Autobahnen und Entlastung des Verkehrs in Singen gebaut wurde.
Laut vorliegenden Aussagen kann ein Zug bei der Querung der Georg-Fischer-Straße höchstens 10 km/h fahren, der meistfrequentierte Kreisverkehr der Stadt müsste minutenlang gesperrt werden.
Die CO² Emission dürfte hier durch die Staus erhöht werden. - Umweltfreundliche Alternativen sind vorhanden und zudem deutlich günstiger: Elektrobusse werden von Bund gefördert, dieser finanziert bis zu 80% der Mehrkosten sowie weitere 80% der Kosten für die benötigte Infrastruktur. Das Land BW zahlt zudem pro Elektrobus einen Zuschuss von 150.000 Euro. Die Stadt Konstanz hat aus diesem Grund aktuell 6 Elektro-Solobusse bestellt, viele andere Gemeinden nutzen diese Chance ebenfalls, um ihren ÖPNV umweltfreundlicher zu machen. Der Umstieg auf Elektrobusse wäre nicht nur emissionsfrei, sondern auch deutlich kostengünstiger, wesentlich schneller realisierbar und auf Grund der hohen Taktung, der vielen Haltestellen und der günstigen Fahrpreise die attraktivste Variante im Nahverkehr.
- Für einen Radwegeausbau gibt es momentan von Bund und Land ebenfalls sehr hohe Fördergelder. Der Radweg Worblingen-Rielasingen-Singen ist ausbaufähig. Im Sommer zu schmal, weil sich Fussgänger und Radfahrer stets kreuzen, bei Trockenheit staubig und im Winter nicht geräumt und sehr matschig. Hier wurde in den letzten Jahren nichts unternommen. Dabei steckt hier viel Potential, Leute zum Klimaschutz zu bewegen, da sie flexibel und kostengünstig unterwegs sind.
Fakten zu Widersprüchlichkeiten
- Der Grundgedanke einer Reaktivierung ist, mehr Leute zum Umstieg in den ÖPNV zu bewegen. Wenn man nun aber einen gut ausgebauten und von den BürgerInnen angenommener Nahverkehrsbus lediglich durch eine massiv teurere und nicht umweltfreundlichere Bahn ersetzen möchte, widerspricht dies dem Grundgedanken. Die Bahn bietet gegenüber dem jetzigen Bus keinerlei Vorteile für die NutzerInnen, eher das Gegenteil wäre der Fall. Wo ist da der Anreiz auf den «Busersatzverkehr» umzusteigen?
- Die vielfach erwähnte Alternative eines Brennstoffzellenzuges ist gemäss aktuellem Stand der Technik für einen gleichmässigen Antrieb ohne viele Spitzen sinnvoll, also auf einer Strecke mit langen Abständen zwischen den Bahnhöfen. Der benötigte Wasserstoff muss zudem klimafreundlich in einem Solarpark vor Ort produziert oder aber per Lkw zur Tankstelle gefahren werden. Die Kosten allein für eine solche Tankstelle liegen laut einer aktuellen Machbarkeitsstudie aus Thüringen zwischen 13 und 17 Mio. Euro. Zudem ist Wasserstoff im Vergleich zu Strom ein enorm kostenintensiver Antrieb, was ein weiterer Punkt für die Anschaffung von Elektrobussen wäre. Gerade bei sehr kurzen Bahnlinien wie der Etzwilerbahn ist ganz klar die Elektrifizierung noch immer am Klimafreundlichsten und in der Anschaffung sogar deutlich günstiger als ein derzeitiger Brennstoffzellenzug samt Tankstelle. Die immer wieder erwähnten 96% Förderung gibt es zudem nur bei einer Elektrifizierung der Strecke.
Fakten zu Studien und Umfragen bezüglich ÖPNV
- Laut einer aktuellen Umfrage des Instituts für Demoskopie Allensbach ziehen nur 19,8% der Befragten Zug oder Bus als alternatives Verkehrsmittel zum Auto in Betracht. Für eine deutliche Mehrheit (68,1%) ist das Auto auch in naher Zukunft Transportmittel Nummer eins.
- Eine weitere Studie (ZEK) vom Januar 2021 hat folgendes ergeben: 64 Prozent der Befragten aus ländlichen Gebieten sehen einen zeitlich unpassenden Fahrplan (Taktung) als größtes Hindernis, den Nahverkehr zu nutzen. Weitere Kriterien, welche die Menschen von der ÖPNV-Nutzung abhalten, waren der Fahrpreis und der Komfortverlust durch Umstiege. Alle genannten Kriterien (Taktung, Haltestellen, Umstiege und Preis) würden sich bei einem Umstieg von Bus auf Bahn bei der hiesigen Bahnstrecke verschlechtern. Insofern wird die Etzwilerbahn niemals eine echte Alternative zum individuellen Pkw-Verkehr darstellen.
Unser Fazit:
Fakten (nicht Meinungen) sind für eine Debatte zum Thema ausreichend vorhanden. Allein in den 120 Seiten der Potentialanalyse stecken genügend Informationen zum Thema.
Wer sich nur oberflächlich mit einem solchen millionenschweren Thema auseinandersetzt und arglos Machbarkeitsstudien in Auftrag gibt, handelt verantwortungslos. Viele KommunalpolitikerInnen erhoffen sich von einer Machbarkeitsstudie mehr Informationen zur Entscheidungsfindung, ohne sich bislang mit den bereits vorhandenen Fakten näher auseinanderzusetzen. Als gewählte Volksvertreter hat jede einzelne Politikerin und jeder einzelne Politiker die Pflicht, verantwortungsbewusst mit Steuergeld, Vertrauen und dem Allgemeinwohl umzugehen!
Bevor man sich also Gedanken über die Finanzierung einer Machbarkeitsstudie macht, sollte man sich erst einmal intensiv mit dem Thema beschäftigen und sich fragen, ob eine Bahn tatsächlich sinnvoll und die beste Alternative ist. Die vorliegenden Fakten sprechen derzeit jedenfalls nicht für eine Reaktivierung.
Eine Machbarkeitsstudie sollte erst nach einer ernsten Realisierungsabsicht und der Klärung der Rahmenbedingungen in Auftrag gegeben werden. Dies gilt es vorweg zu klären!
Weiter sollte dann berücksichtigt werden, dass die Aussage eine Machbarkeitsstudie auch stark von der Aufgabenstellung abhängt. Wird nur die Bahnreaktivierung betrachtet oder werden auch Alternativen wie Elektrobusse etc. berücksichtigt?
(Der Brief darf in der Presse nur komplett wiedergegeben werden, um dessen Komplexität und Aussage im Sinne der Autoren wieder zu geben. Das Veröffentlichen von einzelnen Textpassagen ist daher nicht gestattet.)
Mit freundlichem Gruß
Yvonne & Ingo Brunnenkant, Klaus Siebler
Bürgerinitiative RiWo-Bahn